Frau
von Stein spricht
über den abwesenden Herrn von Goethe
In der Tat ist Goethe bei allem, was er erstrebte, gescheitert.
Es ist ihm misslungen, sich in einem Beruf einzurichten. Jeder weiß,
dass er seinen Ehrgeiz darein setzte, ein Maler zu werden, und dass
er es nicht erreicht hat. Nun ist er am Ende wieder zur Schriftstellerei
zurückgekehrt, also nichts geworden. Schließlich Schriftsteller,
das ist kein Beruf. (Charlotte von Stein)
Weimar im Oktober 1786. Goethe hat der Residenzstadt fluchtartig
den Rücken gekehrt und ist nach Italien gereist. Charlotte
von Stein, seit vielen Jahren vertraute Freundin des Dichters, wird
vom Hof, der Stadt und nicht zuletzt von ihrem Mann für Goethes
Abreise verantwortlich gemacht. Ihre Verteidigungsrede gerät
zu einer gnadenlosen Abrechnung mit dem Dichterfürsten: Goethe
als Hypochonder und Poseur; als Versager in der Liebe, der es nur
versteht, seine Abenteuer literarisch auszubeuten; ein pfuschender
Dilettant, ob nun als Maler, Dichter oder Minister.
Die Schauspielerin Yvonne Gallo macht aus ihrem Bühnenmonolog
einen schonungslosen Seelenstriptease. Sie entfaltet ein humorvoll-boshaftes
Psychogramm des Dichters und eine überraschende Interpretation,
die dessen geheimnisumwittertes Verhältnis zu der Dame von
Stein in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.
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